Präambel
Die rechtzeitige Erkennung von Erkrankungen hat in der Frauenheilkunde in den letzten Jahren zunehmend, und dieses auch zu Recht, an Bedeutung gewonnen!
Wozu dienen uns die Vorsorgeuntersuchungen?…… Sowohl die körperlichen Untersuchungen, die Abstrichentnahmen als auch die Ultraschallleistungen dienen uns dazu, bösartige Erkrankungen im Frühstadium zu entdecken! Eine aktuell unauffällige Befundung schließt einen sich entwickelnden bösartigen Befund naturgemäß zukünftig nicht aus. Untersuchungen, Abstriche und Ultraschallleistungen stellen eine Momentaufnahme dar. In der Vorsorgemedizin wird nach Intervallcarcinomen gesucht; nach bösartigen Veränderungen, die zwischen zwei Untersuchungen entstehen. Diagnostizieren wir einen unklaren Befund, so ist nur die Histologie beweisend. Kontrolluntersuchungen im kurzfristigen Intervall können zur Entscheidungshilfe beitragen.
Gesundheit und Krankheit sind kein Zustand. Sie befinden sich im Fluss. Leider nur in eine Richtung. Bestimmte Krebserkrankungen haben spezifische Altersgipfel; so ist der Krebs des Gebärmutterhalses zum Beispiel der Krebs der jüngeren Frauen. Grundsätzlich aber lässt sich sagen, dass das älter werden der Risikofaktor Nr. 1 für das Entstehen von Krebs ist. Kein Arzt kann eine Krebserkrankung verhindern. Die Früherkennung spielt die entscheidende Rolle.
Das Ihnen bekannte zytologische Zervixkarzinom-Screening mit der Abstrichentnahme von Zellen am Muttermund gilt als Paradebeispiel für erfolgreiche Krebsvorbeugung und ist ist die wesentliche Methode zur Früherkennung von bösartigen Veränderungen des Gebärmutterhalses und des Muttermundes. Der Gebärmutterhalskrebs ist die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Obwohl der Nutzen der Vorsorgeuntersuchungen unumstritten ist, sterben in Europa bedauerlicherweise jeden Tag noch 40 Frauen an dieser Form der bösartigen Erkrankung. Alle anerkannten Krebsfrüherkennungsprogramme verfolgen das gleiche Ziel: die möglichst frühe Diagnostik und somit den frühen Beginn therapeutischer Maßnahmen beim Auftreten eines bösartigen Befundes. Die Vorsorgeuntersuchung des Gebärmutterhalses und -halskanals geht noch einen Schritt weiter. Sie dient dazu, Vorstufen bösartiger Befunde zu erkennen und zu beseitigen, bevor eine Entartung stattgefunden hat.
Als äußerst gefährlich bezeichnen wir Ärzte in diesem Zusammenhang eine Entwicklung, dass diese Form der ‚Krebsvorsorgeuntersuchung‘ in naher Zukunft nur noch alle 3(!) Jahre zu Lasten der gesetzlichen Kassen durchgeführt werden soll; die Intervalle sollen somit wesentlich größer werden. Die logische Folge wird sein, dass bösartige Veränderungen, und nicht nur die des Gebärmutterhalses, in einem viel zu späten Stadium entdeckt werden.
Nicht nachvollziehen können wir Frauenärzte zudem provokante, argwöhnische und diffamierende Kritik an individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) seitens der gesetzlichen Krankenkassen. Diese sind mehr als nur sinnvoll…….werden aber von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt. Diese Leistungen dienen uns dazu, Patienten adäquat zu versorgen! Bis heute stellt ‚der Igel‘ eine der ärgerlichsten gesundheitspolitischen Provokationen dar, weil er in unvergleichbarer Weise die Rationierung im Bereich der ambulanten Versorgung sichtbar gemacht hat. Auch hier sehen wir, dass sich die gesetzlichen Versicherer ihrer Verantwortung gegenüber ihren Versicherten entziehen, werden doch nach und nach auch diverse ehemaligen individuellen Gesundheitsleistungen zu Kassenleistungen, sind doch auch die gesetzlichen Krankenkassen von deren Nutzen überzeugt!
Wir Frauenärzte verzweifeln an dem Spagat; dem, was wir medizinisch zu leisten im Stande sind und dem, was die gesetzlichen Krankenkassen zur Erhaltung Ihrer Gesundheit bezahlen wollen. Die gesetzlichen Krankenkassen überlassen es Ihnen als Patientin in Eigenverantwortung, sich um weitere Untersuchungsmöglichkeiten zu kümmern. Nutzen Sie in Ihrem eigenen Interesse die Möglichkeiten, die Ihnen die moderne Medizin bietet…..in den bisher bekannten Intervallen und Diagnosemöglichkeiten.
Billige Gesundheit gibt es nicht. Es gibt nur teure Krankheiten!
Ihr Jörg Christian Nast